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Die kleine Familie um Ionesco, Violetta, ihrer beider Sohn Ilias und Isabeau lebte ihr Leben in Peridian. Urgroßmutter Caballera hatte schon längst ihren Frieden gefunden und auch die Zeit von Iberian und Aurora näherte sich ihrem Ende.
Peridian war zu einer wunderschönen, blühenden Stadt herangewachsen, in der der Name Lanilor hoch angesehen war. So wurden schließlich die Beerdigungen von Iberian und Aurora von der gesammten Stadt mit großer Trauer begleitet und ihre Gräber später oft besucht. Zu ihren Ehren ließ man sogar eine Statue auf dem Marktplatz errichten. Man wollte sich der größten Wohltäter Peridians immer erinnern.
In der Zwischenzeit ereignete sich in einem nicht allzu weit entfernten Landstrich ein furchtbares Verbrechen. Zwar wurde der Täter nie auch nur beschuldigt, doch dies lag vermutlich daran, dass niemand sich eines Verbrechens bewusst war.... und es auch gar nicht sein wollte....
Außer natürlich dem Opfer. Denn für die arme, junge Frau, die diesem Verbrechen zum Opfer viel, änderte sich von einem Tag auf den anderen ihr komplettes Leben!
Die junge Frau hieß Seraphine Tashbaan und war Feldarbeiterin auf einer der großen Plantagen der Familie De Raziel. Sie war ein hübsches Mädchen, zierlich und wohl geformt. Ihre fast pechschwarze Haut war geschmeidig und ohne Makel. Sie zog oft die Blicke der männlichen Arbeiter auf sich, doch ihre Aufmerksamkeit galt immer nur Franzuars De Raziel, dem einzigen Sohn des Herrschaftshauses.
Franzuars war... ein verwöhnter junger Mann. Ihm wurde Zeit seines Lebens jeder seiner Wünsche erfüllt. Er hatte Geld, war gut aussehend und ein Draufgänger. Seine Leidenschaft gehörte den Pferden... und den Frauen. Jeden Tag ritt er auf dem Weg zu seinen Freunden an dem Feld entlang, auf dem Seraphine arbeitete. Diese Augenblicke waren stets Momente des Glücks für die unerfahrene Schönheit.
Eines Tages jedoch zerbrach ihre wunderschöne Welt. Am Abend eines anstrengenden Arbeitstages, als es bereits dunkel war, ging sie wie immer auf dem Reitpfad nachhause, als sie plötzlich Hufgetrappel hinter sich hörte. Sie drehte sich mit pochendem Herzen um und sah wie der junge Herr herangaloppierte. Er war ohne Zweifel sehr betrunken und steuerte direkt auf sie zu. Mit zunehmender Nähe bekam sie Angst durch das wilde Pferd verletzt zu werden und versuchte wegzulaufen. Doch natürlich war das Tier schneller und bald hatte es sie eingeholt. Franzuars hob sie im Vorbeireiten auf seinen Sattel und brachte sie schreiend, zitternd und um sich schlagend zu einem stillen Schuppen, abseits aller Felder. Dort angekommen verging er sich an ihr, bevor er erschöpft, aber ungerührt zu seinem Elternhaus zurück ritt. Sein Opfer ließ er in der Scheune zurück.
Seraphine erlitt keine sichtbaren Wunden, aber ihr Lebenswille war gebrochen. In dieser feudalen Welt hatte sie keine Chancen auf Gerechtigkeit. Die De Raziels waren die mächtigste Familie weit und breit, weswegen ihr niemand ihre Geschichte glaubte, oder glauben wollte. Schlimmer noch. Als sich herausstellte, dass diese furchtbare Nacht nicht ohne Folgen geblieben war, wurde sie beschimpft und aus der Stadt vertrieben. Die Bewohner wollten keine „Lügnerin“ und „Herumtreiberin“ in ihrer Mitte haben. Aber sie fürchteten auch um ihr eigenes Wohl, sollten die Herrschaften erfahren, dass sie dem Mädchen Unterschlupf gewähren, das den Namen De Raziel verunglimpft.
So verließ Seraphine ihren Heimatort und begab sich auf eine lange Wanderung. Verwandte hatte sie keine mehr, weswegen es ihr noch nicht einmal Leid tat alles hinter sich zu lassen. Doch ihr Weg war beschwerlich, mit Hindernissen, die sie mehr als einmal veranlassten zu wünschen sie würde sterben. Aber solchen Phasen folgte auch wieder Sonnenschein. Es begegneten ihr Menschen, die sie freundlich aufnahmen, ihr zu Essen gaben und sie aufheiterten. Menschen, die ähnliche Schicksale teilten oder einfach einem Traum folgen, gesellten sich zu Seraphine und erzählten ihr von Peridian.
So kam es, dass sie im 6. Monat ihrer Schwangerschaft in ihrer neuen Heimat ankam. Dort wurde sie sofort herzlich aufgenommen und niemand störte sich daran, dass sie schwanger aber unverheiratet war. Es wurden ihr keinerlei Fragen gestellt, doch als trotzdem ihre ältliche Vermieterin erfuhr, was ihr widerfahren war, ward sie um so mehr bemuttert und umsorgt.
Schließlich schenkte sie einer wunderschönen kleinen Tochter das Leben und es war, als wäre ihr selbst ein neues Leben geschenkt worden. Eine zweite Chance.
Bis zur Geburt hatte Seraphine sich keine Gedanken um ihren Nachwuchs gemacht, doch nun musste sie einen Namen für das Würmchen finden. Nach dem ersten Bad allerdings war auch dieses Problem gelöst und die kleine Wassernixe wurde Undine getauft.
Undines Haut war nicht ganz so dunkel, wie die ihrer Mutter. Sie war eher schokoladenbraun aber genauso geschmeidig und weich. Doch nicht nur ihr Aussehen war wunderschön. Auch charakterlich stand sie ihrer Mutter in nichts nach. Bereits als Kind war sie sehr beliebt und hatte viele Freunde. Einer davon war Ilias Lanilor.
Sie lernten sich in der Schule kennen, spielten oft miteinander und heckten die frechsten Streiche aus. Zu ihnen gesellte sich später auch Connor V Duke und manchmal sogar Isabeau.
Conner entstammte einer reichen Handelsfamilie, doch er war keineswegs snobistisch. Ganz im Gegenteil. Er war so frech und freundlich, munter und fröhlich, wie ein Junge in seinem Alter nur sein konnte. Die 3 Freunde verbrachten eine wundervolle Zeit miteinander, bis sie zusammen zur Uni gingen. Sie teilten sich eine kleine Wohnung außerhalb des Campus und lebten recht harmonisch miteinander. Aber es gab auch immer häufiger kleine spannungen zwischen Connor und Ilias. Connor, der ein ruhiger Bursche war und sich gerne mit Undine über Gott und die Welt unterhielt, musste immer häufiger die schlechten Stimmungen seines Freundes erdulden, denn dieser war sehr eifersüchtig. Er war bereits seit einiger Zeit in Undine verliebt und Conner wusste dies. Er wusste auch, dass Undine die Gefühle seines Freundes teilte, aber Ilias entging dies vollkommen.
So musste Connor letztendlich selbst zur Tat schreiten. Er arrangierte ein kleines Dinner for two in ihrer Wohnung. Dazu dekorierte er das Wohnzimmer mit Kerzen und roten Rosen. Er legte stimmungsvolle Musik auf und zauberte die besten Spaghetti Bolognese, die die Welt je gesehen hatte. Dann lockte er das unwissende Paar mit kleinen Briefchen, jeweils angeblich von der geliebten Person, in die Wohnung und ließ sie allein.
Dieser kleine Eingriff in das Liebesleben seiner zwei besten Freunde hatte allerdings weitreichendere Folgen, als er geplant hatte. Nachdem er am nächsten Tag wieder in die Wohnung kam, verkündeten ihm Ilias und Undine, dass sie verlobt seien! Dies war zwar ein kleiner Schock, aber zumindest ein positiver. Niemand hatte etwas gegen diese spontane Entscheidung einzuwenden, da die beiden sich ja bereits von Kindes Beinen an kannten und es bereits seit Jahren offensichtlich war, dass sie einfach zusammen gehören. Also wurde gleich nach dem Studium Hochzeit gefeiert.
Ilias’ Base Isabeau konnte nicht an diesem Ereignis teil nehmen, da sie gerade mit der Geburt ihrer Tochter verhindert war. Wie ihre Mutter, wurde sie schon früh schwanger. Allerdings war diesmal der Vater des Kindes bekannt und Isabeau wollte ihn sogar heiraten. Doch das Schicksal gönnte der Familie Lanilor keine Ruhe. Isabeaus Verlobter Thomas Ryan, ein junger Pilot, kam kurz vor der Geburt seines Kindes bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Die arme Isabeau schloss daraufhin mit ihrer Vergangenheit ab und wanderte aus. Doch zuvor konnte sie nicht verhindern, dass das Geheimnis um ihren eigenen Vater gelüftet wurde. Ihre Tochter, Luca, hatte schimmernde, bräunliche Haut und pechschwarze schräg geneigte Augen. Tatsächlich ähnelte sie Rasmus Nasseydo so sehr, dass kein Zweifel daran bestand, wer ihr Großvater gewesen sein muss!
Aber auch diese Tatsache hielt Isabeau nicht davon ab den Ort zu verlassen, der ihr so viele Opfer abverlangt hatte.
Ionesco und Ilias waren zunächst sehr bedrückt über den Fortgang Isabeaus, doch mit der Zeit gewöhnten sie sich daran und hofften sie würde endlich Frieden und Freude finden.
Spätestens als Indigo geboren wurde, hatte der stolze Vater Ilias sowieso alle Hände voll zu tun und dachte nicht mehr so oft an seine Base und ihre Tochter. Der kleine war ein aufgewecktes Kind und sehr neugierig. Kein Gegenstand in seiner Reichweite war sicher vor ihm. Er musste alles ausprobieren, alles betasten, alles schmecken. Er liebte alles farbige und alles was leuchtete. Eines Tages entdeckte er seine Leidenschaft für die Malerei. Er war immer noch sehr jung, entwickelte aber schnell ein ausgeprägtes Talent. Seine Eltern unterstützten ihn mit all ihren Kräften und so wurde er bereits in jungen Jahren ein angesehener Maler.
Ilias und Connor V waren immer noch die besten Freunde. So gab es auch viele gemeinsam verbrachte Familienfeste, bei denen auch ihre Kinder zusammen spielen konnten..... Allerdings arteten ihre Spiele eher in wilden Rauferein aus, als in friedlichem zusammensein, denn Indigo Lanilor und Rebecka Duke konnten sich nicht ausstehen! Sie waren wie Feuer und Wasser. Jedes Mal, wenn sie sich begegneten, gab es Streit.
Diese Antipathie existierte zum Leidwesen ihrer beider Väter, denn die hatten eigentlich gehofft ihre beiden Familien mit einer Heirat enger aneinander binden zu können. Dies schien jedoch leider unmöglich, da Ilias nur ein einziges Kind hatte und Connor V außer Rebecka nur noch einen Sohn, der keinerlei Ambitionen zeigte jemals zu heiraten. Ein Einstellung, die Connor V großen Kummer bereitete, war doch sein Sohn Connor VI sein Stammhalter, Erbe und, wenn er nicht zur Vernunft käme, der letzte Duke.
Als Rebecka 10 wurde, kam sie auf ein Internat für junge Damen und besuchte ihre Eltern nur noch in den Sommerferien. Während Indigo seine künstlerischen Fähigkeiten schulte, lernte sie allerhand über gutes Benehmen, Hausarbeit, Tanz und Gesang. Zugegeben eine recht altmodische Erziehung, aber die Dukes waren auch eine altmodische Familie, mit adeligen Wurzeln. Die Duke Männer hatten ein Händchen dafür Frauen aus wohlsituierten Familien zu ehelichen. Man könnte es schon fast eine Tradition nennen, die mit dem ersten Duke des Namens Connor begann. Er ehelichte eine Tochter der britischen Stuarts. Sein Sohn, Connor II wurde mit einer französischen Duchesse verheiratet und so ging es weiter, bis zu Connor V. Seine Frau war die Tochter eines deutschen Kapitäns, Graf Von und Zu Bach.
Besagter Kapitän vergötterte seine Enkelin, die er so oft er nur konnte in ihrem Internat besuchte. Aber auch das Mädchen liebte ihren Großvater innig, sodass die beiden noch am Tag ihres Schulabschlusses zusammen eine lange Weltreise antraten.
Indigo hielt sich alsbald auch im Ausland auf, um neue Techniken zu lernen und die Werke berühmter Künstler zu studieren. Er verbrachte eine lange Zeit mit seinen Studien und mochte gar nicht mehr aufhören, die oft sehr alten Werke zu bestaunen. Doch eines Tages bekam er Sehnsucht nach seinem Zuhause und seinen Eltern und so buchte er eine Fahrt auf dem nächsten Schiff, welches im Hafen anlegte.Diese Reise veränderte sein Leben. Auf dem Schiff lernte er jemanden kennen, den er fortan nicht mehr in seinem Leben missen wollte. Zuerst wusste er nicht, dass es sich bei dieser Person um die einst so verhasste, kleine Nachbarstochter handelte und auch Rebecka hatte anfangs keine Ahnung, mit wem sie dort flirtete. Doch als sie beide es herausfanden, waren sie mehr amüsiert, als verärgert. Sie scherzten miteinander und erzählten sich Geschichten über ihre Kindheit. So geschah es also, dass der Wunsch der beiden alten Freunde Ilias und Connor V doch noch in Erfüllung ging. Ihre Familien wurden durch die Heirat von Indigo und Rebecka noch enger aneinander gebunden.
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